Nach einer gemeinsamen Busfahrt erreichten wir die Gedenkstätte KZ-Außenlager VII in Kaufering (auch als sog. ‚Frauenlager‘ bekannt). Der Erinnerungsort wird vom Verein „Europäische Holocaustgedenkstätten Stiftung e. V.“ unterhalten. Frau Deiler als Vertreterin dieses Vereins und der Landsberger Historiker Alfred Platschka begrüßten uns herzlich. Nachdem sich unser Kurs und die weiteren Besucher am Ort des früheren Lagers VII versammelt hatten, informierten sie uns am Ort des früheren Lagers VII über dessen Vorgeschichte. Es war das siebte der elf Lager des Außenlagerkomplexes Kaufering, des größten Komplexes der 169 Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Das KZ-Außenlager befand sich an der Straße zwischen Landsberg am Lech und Erpfting im Südwesten an einer heute demontierten Bahnlinie. Wir hatten die Möglichkeit, das heute wieder als Gedenkstätte erschlossene Drittel des noch vorhandenen KZ-Geländes zu besichtigen und zu erkunden. Neben heute verfallenen Barracken und primitiven Holz- und Erdbauten für männliche Gefangene befanden sich hier mehrere im Inneren mit Tonröhren konstruierte Frauenbauten auf dem Gelände, die wir, nach jüngst erfolgten archäologischen Konservierungsarbeiten, auch von innen betrachten konnten. Ein Gedenkstein der „Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert e V.“ war auch neben diesen zu finden. Durch die Berichte der beiden Begleiter bekamen wir tiefe Einblicke in die Abläufe im Lager VII. In diesem Außenlager wurden ab Mitte September 1944 etwa 2000 bis 3000 männliche, so wie 272 weibliche KZ-Häftlinge festgehalten. Die jüdischen Gefangenen waren bei völlig unzureichender Ernährung der Vernichtung durch Arbeit ausgesetzt. Die schreckliche Lebenssituation der Häftlinge so nah miterleben zu können, hat alle Schüler des Kurses erschüttert und geprägt.
Nachdem wir den Vormittag im KZ-Außenlager VII in Kaufering verbracht hatten, fuhren wir am Nachmittag nach Landsberg am Lech zu unserem nächsten Stopp, dem Erinnerungsort „Weingut II“. Dort angekommen führte uns Hauptmann Schroeder, selbst Historiker, im Rahmen eines Vortrags in die komplexe Geschichte der Bunkeranlage, die wir im Anschluss besichtigen sollten, ein. Anschließend durften wir diesen und die darin verborgene Ausstellung über die NS-Vernichtungspolitik, deren willige Vollstrecker wie die Opfer der NS-Gewaltherrschaft besichtigen. Im Jahr 1944 plante die deutsche Regierung, noch an den ‚Endsieg‘ glaubend, den Bau von sechs unterirdischen und bombensicheren Flugzeugfabriken im Reichsgebiet, um die Luftrüstungsindustrie vor den alliierten Luftangriffen zu schützen. Die drei Fabriken im Raum Landsberg am Lech wurden unter den Decknamen "Diana II", "Weingut II" und "Walnuss II" bekannt. Der Bunker "Weingut II" steht heute auf dem Gelände der Welfen-Kaserne und ist der letzte noch weitgehend Erhaltene der geplanten sechs Bauten. Bis zur Befreiung im April 1945 wurden von den ursprünglich geplanten 400 Metern langen unterirdischen Halle lediglich 233 Meter fertiggestellt. Die Idee hinter den unterirdischen Flugzeugfabriken war es, bei einer Produktionsfläche von 100.000 Quadratmetern den Bau eines vollständigen Flugzeugtyps zu ermöglichen. Neben den zivilen Bauarbeitern und den Mitarbeitern der Organisation Todt (OT) waren auch Zwangsarbeiter erforderlich, um die Bunkeranlage zu errichten. Diese Zwangsarbeiter wurden von der SS gestellt, wobei sie dabei auf Häftlinge aus Konzentrationslagern zurückgriffen. Die Gefangenen des KZ-Dachau und seiner Außenlager wurden unter unmenschlichen Bedingungen als Arbeitssklaven gezwungen, die Bunkeranlage zu bauen. Die rund um Landsberg errichteten 11 KZ-Lager dienten nicht zuletzt der Unterbringung der auf der Großbaustelle eingesetzten KZ-Gefangenen. Die drei Meter dicke Spannbetondecke erforderte unvorstellbare Mengen an Zement, die weitgehend von Hand durch die KZ-Zwangsarbeiter an die Baustelle verbracht werden musste. So fanden auch Häftlinge – durch Unfall oder Suizid – ihre letzte Ruhestätte in der Betonhülle dieses monströsen Rüstungsbetriebs. Viele der eingesetzten Arbeiter starben jedoch an Hunger, Entkräftung und Mangelkrankheiten in dem die Baustelle umgebenden Außenlagersystem. Auch Abba Naor, Zeitzeuge und Namensgeber unserer Aula, arbeitete bis Kriegsende hier.
Die Bunkeranlage "Weingut II" wurde nach dem Krieg von der US Armee als Munitionsdepot genutzt und später von der Bundeswehr als Lagerort des Marschflugkörpers "Matador" ausgebaut. Die Anfänge des Komplexes gerieten schnell in Vergessenheit, bis in den 1980er Jahren Bürgerinitiativen, Schulen und die Bundeswehr begannen, die komplexe Geschichte des Ortes aufzuarbeiten. Seit 2011 ist die Gedenkarbeit der Bundeswehr der hier angesiedelten militärgeschichtlichen Sammlung "Erinnerungsort Weingut II" übertragen worden. An diesem Ort haben wir viele Eindrücke gesammelt und konnten die entsetzliche Situation der Opfer der NS-Zwangsherrschaft ein wenig besser nachvollziehen. Wir bedanken uns dafür vielmals beim „Verein Gedenken im Würmtal“, bei Herrn Greif und allen Mitwirkenden für den sehr prägenden und eindrucksvollen Tag.
Nina-Luisa Heitland und Lotte Bendfeld (Q11) für das ‚P-Seminar Israel‘