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Europatag 2017

Europatag 2017
Europatag 2017 2

Am 9. Mai 1950 schlug Frankreichs Außenminister Robert Schumann in seiner „Pariser Rede“ vor, eine Produktionsgemeinschaft für Kohle und Stahl zu gründen. Sie sollte schließlich den Grundstein der heutigen Europäischen Union bilden. Zur Erinnerung an diese Initiative wird der 9. Mai heute als Europatag gefeiert und in ganz Europa finden jährlich um diesen Tag zahlreiche Veranstaltungen und Feierlichkeiten statt.

Da die europäische Integration auch im Geschichtsunterricht der 10. Klassen Thema ist, wurde am Montag, den 8. Mai, für alle Schülerinnen und Schüler der zehnten Jahrgangsstufe ein eigener Projekttag ausgerichtet. Am Vormittag waren ein Vortrag und Workshops in der Schule geplant, und am Nachmittag durfte die 10. Jahrgangsstufe unserer Schule einer exklusiven Einladung folgen, auf die Auftaktveranstaltung der Bayerischen Staatskanzlei zur „Europawoche 2017“ im Prinz-Carl-Palais in München.

Der Vormittag begann mit einem Vortrag des Brigadegenerals a.D. Johann Berger, welcher zunächst einen kurzen Überblick über die Historie Europas gab und dann näher auf das Thema Sicherheit in Europa gestern, heute und morgen einging. Nachdem Herr Berger erläutert hatte, wie während des Kalten Kriegs vor allem die Bedrohung einer atomaren Apokalypse und die Stellvertreterkriege im Nahen Osten und Afghanistan eine große Gefahr für den Frieden darstellten, zeigte er für die Zeit nach 1989/90 vor allem den Staatenzerfall als neue sicherheitspolitische Herausforderung auf. Anschließend erklärte der pensionierte Brigadegeneral, wie bis heute weitere Faktoren hinzugekommen sind, eine ungleiche Ressourcenverteilung, der Klimawandel, Naturkatastrophen, Migration als Folge, die zunehmende Digitalisierung der Welt, überzogene Finanzmärkte und viele weitere Faktoren, sodass eine völlig neue, komplexe Gefahrenlage für Europa entstanden ist, die zu einem „labilen“ Sicherheitsfeld mit politischer und religiöser Radikalisierung, Terroranschlägen sowie einer wachsenden Zahl von fragile states führt.

Umso mehr Herr Berger die Aktualität und Brisanz dieser Probleme verdeutlichte, desto klarer wurde die Bedeutung, der Wert der Europäischen Union. Diese brauche jedoch Zusammenhalt und den Einsatz ihrer Bürgerinnen und Bürger für die Erhaltung einer gemeinsamen Währung, des Wirtschaftsraumes sowie der historisch einmaligen Freiheits-, Friedens- und Werteordnung. Abschließend appellierte der Brigadegeneral an die Schülerinnen und Schüler, diese aktuelle Lage jederzeit zu bedenken, und forderte uns auf, die Zukunft selbst positiv zu gestalten. Das beginne bereits mit der Einhaltung von Werten in der Schule.

Im Anschluss an den Vortrag fanden in den einzelnen Klassen Workshops mit Referenten der Europäischen Akademie Bayern statt, in welchen unter anderem diskutiert wurde, wie die EU den Alltag beeinflusst, über die Zustimmung der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger gesprochen und durch ein Europapuzzle die Mitgliedsstaaten aufgezeigt wurden. Außerdem wurde in kleineren Gruppen zu verschiedenen Thesen rund um die EU eine eigene Position entwickelt, welche am Nachmittag Vertreter der Klassen vorstellten.

Im Anschluss an die Workshops fuhren wir ins Prinz-Carl-Palais der Bayerischen Staatskanzlei zur Eröffnung der „Europawoche 2017“. Als Gäste der Auftaktveranstaltung genossen wir das festliche Ambiente und bereits der musikalische Einstieg klang vielversprechend.

Dann wuchs die Anspannung vor allem bei Vieren von uns. Nach der Eröffnungsrede der Staatsministerin Dr. Beate Merk präsentierten sie auf dem Podium die Ergebnisse ihrer Workshops, die sie am Vormittag herausgearbeitet hatten. Zwei begründeten Kernsätze zur aktuellen Bedeutung der Europäischen Union, die anderen zwei formulierten in Gestalt eines Sternenkreises Appelle für die Zukunft. So wurde im Ganzen deutlich, welches Potential die Europäische Union hat und aus welch guten Gründen die europäischen Staaten ihre ethischen, sicherheits-, wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele konstruktiv diskutieren sollten und dann auch gemeinsam und offen dafür einstehen sollten. Und zwar untereinander sowie nach außen vor der Welt neben, am besten mit den USA als Partner und Freund. Mit dem Moderator Hans Oberberger von Antenne Bayern an ihrer Seite zogen sie das ganz schön ruhig und souverän durch!

Damit startete nun die Podiumsdiskussion, die prominent besetzt war: Dr. Beate Merk, Staatsministerin für Europaangelegenheiten, Jennifer D. Gavito, Generalkonsulin der USA in München, Joachim Menze, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München, Johann Berger, Brigadegeneral a.D. vom Marshall Center für Security Studies und Birgit Schmitz-Lenders, Leiterin der Europäischen Akademie Bayern.

Die Diskussion beschäftigte sich vor allem mit der Zukunft der EU, auch in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen wie dem Brexit oder den Wahlergebnissen in Frankreich vom Tag zuvor. Nicht nur hier wurde Zuversicht geäußert, bei aller Ernsthaftigkeit und genauer, ehrlicher Analyse, die nötig sei. Das gelte auch für die Politik Europas nach außen, die ebenso glaubwürdig wie Sicherheit und Frieden stiftend bleiben müsse. Das passte auch zu unserem Sicherheitsempfinden. Bereits am Anfang wurde eine Umfrage über eine Website gestartet, bei der wir im Publikum angeben konnten, wie sicher wir uns in der EU fühlen. 75% gaben an „Ich fühle mich sicher, aber es gibt auch Gefahren."

Auch im Laufe der weiteren Diskussion konnten wir über diese Website Fragen stellen, die der Moderator auf seinem Tablet empfangen und dann auch an das Podium weitergeben konnte. Besonders interessant erschien mir die Frage, ob ein Rückzug der USA aus der NATO möglich wäre und welche Auswirkungen dies auf die EU hätte. Hier herrschte auf dem Podium eine noch entspannte Haltung, die mit Blick auf eine kompetente Administration das Undenkbare besser auch nicht denken wollte, die Forderung nach dem 2%-Beitrag aller NATO-Partner aber nachvollzog.

Ein weiterer Punkt, der aus dem Zuschauerraum kam, war, dass für Militär weltweit im Schnitt über 2% und in Europa zwischen 1% bis über 2% des BIP aufgewendet werden, für die Entwicklungshilfe die EU-Staaten jedoch regelmäßig das UN-Ziel von 0,7% unterschreiten. Gekoppelt wurde das mit der Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die Prioritäten zu verschieben. Tatsächlich wurde dieser Ansatz auf dem Podium weiter geführt, vor allem mit dem Hinweis auf die Risiken, die von fragile states ausgehen und wie diese nicht militärisch dauerhaft gelöst werden können.

Abgerundet wurde die über zweistündige Veranstaltung durch zwei Hymnen, natürlich die bayerische und die europäische, und auch kulinarisch erging es uns anschließend auf dem Empfang sehr gut. Weitere Eindrücke:

Vielen Dank an die Schulleitung für die volle Unterstützung, vielen Dank an die Lehrkräfte und an die Europäische Akademie Bayern für die Durchführung und – vielen Dank an die Staatsministerin und ihre Mitarbeiterinnen für das ergiebige Programm und diese besondere Einladung. Ein sehr interessanter Tag für uns und wir finden, ein würdiger für Europa!
 

Zwei Schülerinnen (Q12)

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